Newig, Busch, Henninngsen

10 Jahre Rungholltage

1. Rungholttage 2008

Aus dem gesamten Bundesgebiet trafen sich an diesem Wochenende gut 100 Rungholbegeisterte auf Nordstrand, um sich in einer dreitägigen Veranstaltung über den aktuellen Forschungsstand zu informieren. Das dreiköpfige Organisationskomitee um die HGV-Nordstand (Handel- und Gewerbeverein) Vorsitzende Eileen Scherf hatte namhafte Rungholtexperten ins Kurzentrum eingeladen.

Nach einem Grußwort durch den Bürgermeister Heinz-Uwe Domeyer mahnte Dr. Dirk Meyer an: „Uns fehlen aktuelle Karten der Fundstellen, das vorhandene Material hat historischen Charakter.“ Ein Vorschlag, den Prof. Dr. Newig deutlich unterstützte, er hatte kürzlich mit der Vermessung von Hersbüll begonnen.

Jürgen Schäfer, pensionierter Metereologe der Gorch Fock musste zunächst Fragen zur vermissten Matrosin beantworten und zeigte sich sehr betroffen. Er erläuterte die vielen Faktoren, die für eine gefährliche Flutsituation an der Küste zusammen treffen müssen. Diesen Faden griff Oberbaudirektor Peter Beismann vom AKL Husum auf, der den Stand des Küstenschutzes und die großen Anstrengungen des Landes Schleswig-Holstein für den Küstenschutz erläuterte. Dr. Martin Stock vom Nationalparkamt Nordfriesland unterstrich die hohe Bedeutung, die eine intakte Natur für die touristische Entwicklung der Region hat. Der Historiker Albert Panten erläuterte, dass die Rungholter Keramik aus Süddeutschland bezogen haben.

Aus 20 Jahren Forscherleben berichtete ein gut aufgelegter Dr. Henningsen über den Mythos und die Realität von Rungholt. Um die Realität zu unterstreichen, hatte er aus Kiel eigens einen großen Tontopf von seinen Rungholtfunden mitgebracht. Ebenfalls gut gelaunt und zur Freude des Publikums berichtete Monsignore Pastor Peter Schmidt von den Mühen und Opfern, die die frühen Missionare mit den dickköpfigen Friesen hatten. Am Abend begeisterte Pastor Peter Schmidt mit einer Lesung aus dem Schimmelreiter.

Mit der Fahrt des Husumer Pfahlevers „Ronja“ zu den Fundstätten von Rungholt endeten die Rungholttage auf Nordstrand. Da die Platzzahl auf dem Segler begrenzt war, musste eine zweite Gruppe per Pferdewagen anreisen. Mitten auf historischem Wattboden trafen sich beide Gruppen, um vom Nordstrander Rungholtexperten Robert Brauer über die aktuelle Fundsituation vor Ort unterrichtet zu werden. Tonscherben führten den Besuchern anschaulich vor Augen, welche Katastrophe sich hier 1362 während der ersten großen Mandränke ereignet hatte.

Robert Brauer, Mitorganisator, zog folgendes vorläufiges Fazit: „Die Rungholttage waren ein voller Erfolg. Wir sehen uns darin bestätigt, dass Rungholt einem breiten Publikum nahe gebracht wird und einen Beitrag leisten kann, Nordfriesland touristisch weiter zu entwickeln. Der Termin für ein Wiederholung im nächsten Jahr steht schon fest.“

Der Nordstrander Bügermeister Heinz-Uwe Domeyer äußerte sich auf der Rückfahrt an Bord der Ronja zufrieden über den Verlauf der Veranstaltung: „Das erlebt man nicht alle Tage. Ich spreche den Organisatoren großes Lob und Dank aus.“

2. Rungholttage 2009

Die zweiten Rungholttage auf Nordstrand begannen mit einem bewegenden Vortag von Drees Busch, dem Enkel des Entdecker von Rungholt Andreas Busch. Zu Beginn seiner Rungholtforschung dachte man, das Land würde versinken. Andreas Busch erkannte schnell, dass statt dessen der Wasserspiegel stieg. „Das Wort Klimawandel kam nie aus seinem Mund,“ so Dress Busch. Seine Großvater vermutete Verschiebungen der Erdachse als Ursache und forschte bis zu seinem Tod danach. Die Gravuren der Wasserstände auf seinem Grabstein sind sein Vermächtnis, eine Mahnung zur stetigen Erhöhung der Deiche. Resümierend sagte Drees Busch: „Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“

Ein weiterer Höhepunkt vor den 60 anwesenden Teilnehmern war die Präsentation des Rungholtmodells des Nordstrander Heimatmuseums. Hier wurden die Ergebnisse der Rungholtforschung von Andres Busch begreifbar dargestellt. Der Vortrag von Dr. Dirk Meyer entfachte abschließend eine engagierte Diskussion über die Sicherheit der heutigen Deiche.

Der zweite Tag der Rungholttage auf Nordstrand stand ganz im Zeichen der Experten. Dr. Klaus Ricklefs vom Forschungs- und Technologiezentrum Büsum umriss einige Millionen Jahre Geologiegeschichte. Das Rungholt einmal am Äquator lag und mehrere Male von Meeren bedeckt war, versetzte die Teilnehmer in großes Erstaunen. Zumal er seinen Vortag mit beeindruckenden Grafiken unterlegen konnte. Das Thema Küstenschutz griff der streitbare Oberbaurat a.D. Karl Petersen auf, der damit an den Vortrag von Drees Busch vom Freitag anknüpfte. Die Interessen des Weltkulturerbes Wattenmeer und die Anliegen der Sicherheit seiner Bewohner müssen in Einklang gebracht werden, so sein dringender Appell.

Höhepunkt war der Bericht von Prof. Dr. Jürgen Newig, der eine aktuelle Analyse der historische Karten präsentierte. Anhand von Satellitenaufnahmen konnte er zeigen, dass im Koog Trendermarsch auf Nordstrand sehr wahrscheinlich Reste der Kulturlandschaft der Edomsharde zu erkennen sind. „Rungholt war der Hauptort der Edomsharde. Wir haben auf Nordstrand einen wertvollen historischen Bezug zu Rungholt, dessen Bedeutung vielen nicht klar ist“, so der Forscher. Außerdem wies er darauf hin, dass die Kirche in Odenbüll das letzte erhaltene steinerne Zeugnis der Edomsharde ist.

Der dritte Tag begann mit einer Kooperation von DGzRS und der Adler Reederei. Der neue Nordstrander Rettungskreuzer Eiswette assistierte beim Ausbooten von 60 Wattwandern. Sie bekamen im Rungholtwatt spektakuläre Funde zu sehen. Zu ihnen gehörte ein Brunnenfragment, viele Gräben und Holzflechten. Sachkundig analysierte der Pellwormer Rungholtfachmann Hellmut Bahnsen Strukturen im Watt. Ein technischer Defekt des Beibootes führte zu einer unplanmäßigen aber gastliche Rast auf der Hallig Südfall. Robert Brauer erklärte: „Heute haben wir Gräben von Rungholt sehen können, die jahrelang nicht zu sehen waren.“

Die Adler V brachte die insgesamt 120 Gäste nach Pellworm. Nach einer Inselrundfahrt erläuterte der Pellwormkenner Erich Beese die Geschichte der alten Kirche. Der Gesang des Chores MGV Harmonie in der Kirche hat alle Teilnehmer zutiefst berührt, es flossen sogar einige Tränen. Auf der  Rückfahrt berichtete Historiker Manfred-Guideo Schmitz von dem Versuch, eine Replik des Sturmflutkelchs nach Nordstrand zu bringen. Mit den Liedern des Chores ging ein wunderschöner Tag zuende, der allen Beteiligten ewig in Erinnerung bleiben wird.

Der Veranstalter HGV und mit ihm Robert Brauer und Uwe Paulsen zeigten sich sehr zufrieden: „Wir freuen uns über den Zuspruch zu unseren Veranstaltungskonzept. Damit sind unsere Erwartung in jeder Hinsicht übertroffen worden.“

3. Rungholttage 2010

Der HGV Nordstrand e.V. veranstaltet die 3. Nordstrander Rungholttage vom 27. – 29. August 2010 auf der schönen Marschinsel und hat ein attraktives Programm zusammengestellt. Der HGV will damit einen wichtigen Beitrag für die nordfriesische Heimatgeschichte leisten. So soll der Mythos Rungholt bei den Einheimischen und Gästen weiter am Leben erhalten werden. Begleitet wird die Veranstaltung durch eine Ausstellung von Werken aus Pastellkreide der Künstlerinnen um Margret Thormählen.

Am Freitag berichten die Nordstrander H.H. Hansen und W.D. Dey über das Leben und Wirken von Anton Heimrich. Fiete Pingel vom Nordfriisk Instituut referiert über den Handel mit Rungholt. Am Samstag kommt Prof. Dr. Newig von der Kieler Universität, um das Thema Küstenschutz darzustellen. Der bekannte Historiker Albert Panten stellt die spannende Siedlungsgeschichte Nordfrieslands dar. Msgr. Peter Schmidt-Eppendorf liest Liliecron und der Tag klingt mit historischen Gerichten und Klönschnack im Restaurant Kiefhuck aus.

Der Sonntag führt dann auf die Insel Pellworm. Heimatforscher Hellmut Bahnsen stellt den Gästen die interessantesten Kulturspuren der beiden großen Mandränken vor. Die Insel Pellworm hat die zurzeit am besten erhaltenen Reste der Insel Strand zu bieten und man darf sich auf eine interessante Wattwanderung freuen.

Organisator Robert Brauer: „Die Vorbereitungen sind jedes Jahr mit viel ehrenamtlicher Arbeit verbunden und ich danke den beteiligten Kurverwaltungen und vielen Aktiven für ihre tatkräftige Unterstützung. Ohne diese wäre eine solch schöne Veranstaltung nicht möglich.“

Freitag, 27. August
Die dritten Nordstrander Rungholttage begannen am Freitagnachmittag in den Räumen der Kurverwaltung. Der Nordstrander Bürgermeister Werner-Peter Paulsen bedankte sich herzlich bei den Organisatoren um Robert Brauer. Dieser erinnerte an den kürzlich verstorbenen Bürgermeister Heinz-Uwe Domeyer, der mit großer Begeisterung an den vergangenen beiden Rungholttagen teilgenommen und sie unterstützt hatte.

Margret Thormälen stellte gelungene Werke aus Pastellkreide vor und einige Bilder wurden schon vor Beginn der Veranstaltung verkauft. Der Nordstrtander Heimatverein erinnerte an den berühmten Nordfriesischen Chronisten Anton Heimrich, dem wir in seiner Chronik eine detaillierte Beschreibung der 2ten Manndränke 1634 verdanken. Hans Harro Hansen und Wolf Dieter Dey übertrafen sich selbst, als sie ein fiktives Interview mit Heimrich führten.

Vom Nordfriisk Instituut hatte Fiete Pingel eigens alle verfügbaren Daten über den Handel mit Rungholt zusammen getragen. Er wusste zu berichten, dass sich die Rungholter mit den Dithmarschern bisweilen bekriegten aber wohl darauf bedacht waren, den Handel nicht abbrechen zu lassen. So ging ein unterhaltsamer erster Tag zuende.

Samstag 28. August
Prof. Dr. Newig eröffnete den zweiten Tag der Rungholttage mit einem Vortrag über die Veränderung der Nordfriesischen Küste. Die drei alten Probsteien, Sylt, Strand und Eiderstedt sind seiner Ansicht nach die 3 Inseln des Ptolemäus. Der Tidenhub von über 3m im Zentrum der Deutchen Bucht sinkt bis nach Dänemark auf unter 1,50m. Die geringere Kraft des Ebbstroms verhindert vor Dänemark. die Inselbildung. „Fest steht, dass Sylt auch in 1000 Jahren – wenn auch kleiner – noch existieren wird. Nicht zuletzt ist das rote Kliff vor Wenningstedt und Kampen ein guter natürlicher Sandlieferant“, so Prof. Dr. Newig.

Der bekannte Historiker Albert Panten referierte über die Besiedlung Nordfrieslands. Der erste, der darüber berichtet ist Saxo Grammaticus. Nachdem die Angelsachsen nach England zogen, wanderten kleine Gruppen der Friesen um 500 n.Chr. die deutsche Bucht entlang bis zu uns hinauf. „Nach Art temporärere Räuberbanden,“ so Panten humorvoll. Man kann nicht von einem einheitlichen Volk der Nordfriesen sprechen, sondern es wanderten nach der Vökerwanderungszeit verschiedene Gruppen ein, was unterschiedliche Sprachinseln erklärt. Panten beklagt, dass es keine aktuelle archäologische Forschung in Nordfriesland gibt.

Monsignore Peter Schmidt setzte eine Tradition fort, die seit Beginn der Rungholttage besteht. Er las aus Werken von Detlev von Liliecron, der im letzten Jahr 100jährigen Todestag hatte. Der Stammvater der Liliencrons stammte aus Bredstedt und hieß patronym eigentlich “Pauls”. Höhepunkt war die Lesung der Rungholtsage und des Rungholtgedichtes.

Gerd Höfer servierte historische Gerichte, dazu gehörten Birnen, Bohnen und Speck, alte Gemüsegerichte und Schweinebraten. Höhepunkt war der “arme Ritter” auf Mamorkuchenbasis mit Vanillesoße. Die Gäste waren begeistert.

Sonntag, 29. August Bei regnerischem Wetter versammelten sich die Rngholtfreunde frühmorgens am Hafen Strucklahnungshörn, um nach Pellworm überzusetzen. Die NPDG verlängerte extra die Linienführung des Anlegerbusses bis zum Treffpunkt der Wattführung beim Johannishörn. Hellmut und Rita Bahnsen erwarteten die Gruppe und das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite.

Belohnt wurde man mit beeindruckenden Wattfunden. Von Waldhusen, das 1362 unterging, über einen Deichrest von 1485 und dem alten Strander Seedeich ging die Geschichtsreise. Der Seedeich wurde 1550 errichtet, weil die vorgelagerte Deichlinie nicht zu halten war. Dank Verdriftung waren Schleusenreste und Bruchstellen im Deich leicht zu erkennen. „Die sich bis zum Horizont hinziehenden Gräben lassen eine gute Vorstellung von der Größe der alten Insel Strand zu“, so Hellmut Bahnsen.

Nachdem man sich bei Grillgut am Alten Hafen gestärkt hatte, besuchte man das Rungholtmuseum. Hellmut Bahnsen beeindruckte die zum Teil von Amrum und Föhr angereisten Gäste mit seiner umfangreichen und außergewöhnlichen Sammlung. Um 17:30 endeten die Rungholttage mit der Rückreise nach Nordstrand.

Für den HGV zog Robert Brauer folgendes Fazit: „Wir haben nicht nur ein Stück Heimatgeschichte einem breiten Publikum zugänglich gemacht, sondern haben auch die Zusammenarbeit unserer beiden Inseln gestärkt. Wir werden diese erfolgreiche Arbeit mit den Rungholttagen 2011 fortsetzen.“

4. Rungholttage 2011

Seit 4 Jahren organisieren die Aktiven des HGV um Robert Brauer die Rungholttage auf Nordstrand. Drei Tage im Zeichen von Sturmflut und Klimawandel. Also trotz des Bezuges zur Vergangenheit eine sehr aktuelle Veranstaltung. Besonderheit ist die Teilnahme von hochkarätigen Referenten.

Eröffnet wurde die Veranstaltung am Freitagnachmittag durch Prof. Dr. Jakubowski-Tiessen, der über die Entwicklung der Sturmfluten an der Nordseeküste referierte. Er mahnte die Teilnehmer, dass bei der jetzigen Entwicklung die Ausweisung von Ausgleichsflächen zur Aufnahme von großen Wassermengen und der Erhöhung der Vorländer zum Schutz der Deiche mehr Bedeutung gewinnen wird.

Danach führte Wolf-Dieter Dey durch das Inselmuseum, das mit dem Rungholtmodell glänzte.

Von der Universität Kiel referierten Dr. Ricklefs und Dr. Vanselow über den Golfstrom. Schon kleinere Veränderungen seiner rechts orientierten Fließrichtung hätten gravierende Veränderungen des Klimas in Nordfriesland zur Folge. Der Golfstrom hat die unfassbare Wärmeleistung von 2 Millionen Kraftwerken. Den Wirbel des Golfstroms in der Nordsee tauften die beiden in Ermangelung eines Namens „Rungholt-Wirbel“. Von 20 cm bis 2 m lauten die Prognosen der verschiedenen Forschergruppen zum Anstieg des Meeresspiegels der Nordsee.

Die Sage der Insel Abalus war das Thema von Dr. Dirk Meier, der eine Idee des Pellwormer Heimatforschers Hellmut Bahnsen aufgriff. Für die Existenz der Bernsteininsel vor Nordfriesland gibt es keinerlei wissenschaftlichen Belege und die wird es auch nicht geben. Die angeregte Diskussion nach seinem Vortrag, an der sich auch der nordfriesischer Heimatforscher Albert Panten beteiligte, zeigte, dass genug Raum für Spekulationen bleibt um interessante Geschichten zu erzählen.

Dr. Oelerich vom LKN hielt einen engagierten Vortrag über den Deichbau auf Nordstrand. Die Tidenströme sorgen für Abtrag und Sedimentation des Wattenmeeres. Vor allen nördlich Pellworm am Rummelloch findet zurzeit ein gravierender Abtrag statt. Der neue Deich auf Nordstrand wird das neue Deichprofil von 1:10 erhalten. Mit 5 Meter Breite am Scheitelpunkt erhält der neue Deich eine Baureserve für zukünftige Generationen, dabei entstehen nur 20% Mehrkosten. Dr. Oelerich lobte die vorbildliche Beteiligung der Gemeinde an den Planungen.

Großen Zuspruch vom Publikum fand die Lesung von Hans-Peter Bögel, der mit seiner hervorragenden Lesestimme die Zuhörer verzauberte. Wolf-Dieter Dey lieferte zu den Geschichten spannende Hintergrundinformationen. Robert Brauer fasste den Abend zusammen: „Das war ein besonderer Höhepunkt!“

Am Sonntagmorgen trafen sich die Gäste, um die Hallig Lüttmoor zu besuchen. Kompetente Unterstützung bekamen die Wattwanderer durch den Föhrer Bürgermeister der Gemeinde Midlum, Helmut Marczinkowski und Dr. Meier. Der bekam viel zu tun, galt es doch, zwei bisher nicht identifizierte Deichfragmente zuzuordnen. Die Deiche wurden südlich der Hallig auf der Höhe der Kirchwarft gefunden. Der größere ließ sich als Stintebüller Deich identifizieren. „Die Übereinstimmung mit den historischen Karten ist verblüffend“, so Dr. Meier. Das weiter östliche liegende Fragment gehört wahrscheinlich zu einem bisher unbekannten Binnendeich. Beeindruckt waren die Teilnehmer von den Resten des Moordeiches, die von Robert Brauer schon auf einer vorherigen Wanderung entdeckt wurden.

Bei so viel live erlebter Archäologie wurde danach dem schmackhaften Mittagessen gut zugesprochen. Das Wetter zeigte den nordfriesischen Sommer von seiner schönsten Seite. Organisator Robert Brauer war rundum zufrieden: „Die Rungholttage sind eine Institution auf Nordstrand geworden.“

5. Rungholttage 2012 (1. Preisverleihung)

Der bekannte Buchautor und Geoarchäologe Dr. Dirk Meier stellte am Freitag die spannende ZDF Produktion aus der Reihe Terra X: “Rungholt – ein Atlantis der Nordsee” vor. Bürgermeister Werner Peter Paulsen nahm sich eigens Zeit für die Eröffnung und lobte das Organisationsteam. Der Pharisäerhof auf Nordstrand bot das richtige Ambiente für den ersten Tag, der Raum war gut gefüllt.

Am Samstag wechselte man in den Kiefhuck, die Gaststätte hatte sich mit ihrem großen Veranstaltungsraum bestens bewährt. Nordfrieslands langjähriger Referent beim Archäologischen Landesamt, Dr. Hans-Joachim Kühn erfreute die zahlreichen Gäste mit einigen unmißverständlichen Aussagen zur Rungholtforschung. Er stellte fest, dass es keine Belege für Torfabbau in der Edomsharde gibt. Der Untergang Rungholts ist eher im historischen Kontext von klimatisch schwierigen Verhältnissen und der Schwächung der Bevölkerung durch die Pestepedimie zu verstehen. Weitere archäologische Untersuchungen sind auch in Zukunft durch die Gezeiten vor Ort begrenzt.

Der niederländische Geograph Prof. Dr. Guus J. Borger aus Amsterdam schlug in die gleiche Kerbe. Entgegen der langläufigen Meinung war die 1362 Flut in den Niederlanden nicht von entscheidender Bedeutung, wie hier bei uns oder in England. „Für uns hat die Flut von 1375 durch große Landverluste eine viel größere Bedeutung“, so Prof. Dr. Borger. Die Zahl von 100.000 Toten im Zusammenhang mit der 1. Groten Mandränke hält er für reine Fiktion. Sturmfluten haben aus seiner Sicht einen viel lokaleren Charakter.

Der Schauspieler und Regisseur Hans-Peter Bögel begeisterte zusammen mit dem Museumsleiter Wolf-Dieter Dey mit der Lesung der Geschichten vom Meer.

Danach wurde zum ersten Mal der Preis für die Erforschung und Erhaltung der Kulturspuren von Rungholt vergeben. Damit soll der Erhalt bedeutender Kulturgüter in Nordfriesland gefördert werden. Initiator Robert Brauer übergab die Replik des „Siegels von Rungholt“, die posthum an Andreas Busch, an Hans-Herbert Henningsen und an Prof. Dr. Jürgen Newig verliehen wurde. Mit dem beliebten Rungholtbuffet endete ein ereignisreicher Tag.

Am Sonntag fuhr die Gruppe mit der Fähre nach Pellworm. Auf der Insel ist die Geschichte der 2ten Mandränke zum Anfassen nahe. Das Inselmuseum bot interessante Exponate zu dieser Flut. Mit dem Bus wurde das Rungholtmuseum von Hellmut Bahnsen besucht, der in seinem mit Besuchern überfüllten Museum dank seiner zahlreichen Exponate die Geschichte der Uthlande anschaulich vor Augen führte.

Weiter ging es mit der Nordfriesland zur Hallig Süderoog. Der Kapitän bewies mit seinem Schiff, dass Navigation im Wattenmeer einiges an Erfahrung und Können verlangt. Die Hallig Süderoog zeigte sich von ihrer besten Seite. Wozu die leckere Kartoffelsuppe und der kolossale Zitronenkuchen, sowie die liebevolle Atmosphäre auf dem Hof ihren Teil dazu beitrugen. Das Schiff brachte die zufriedenen Reisenden nach Nordstrand/Strucklahnungshörn im Dunkeln zurück.

Ralph Betzgen, der 1. Vorsitzende des HGV war sehr zufrieden: “Die fünften Rungholttage hatten viele Höhepunkte und wir werden uns anstrengen müssen, das zu übertreffen.“

6. Rungholttage 2013

Die 6. Nordstrander Rungholttage sind zu Ende, und die Veranstalter ziehen ein positives
Fazit. Wetter und Besucherzuspruch waren optimal: „Wir haben drei Tage lang ein unterhaltsames Programm rund um das Thema Rungholt zusammen gestellt,“ erklärt HGV Vorsitzender Ralph Betzgen, „Rungholt ist ein hochkarätigen Markenzeichen, das Menschen weit über Region hinaus bewegt.“

Die Fachvorträge sind der Kern der Rungholttage. So sprach Dr. Walter Petersen-Andresen über die ökologische Situation des Beltringharder-Kooges. Schleswig-Holsteins größtes Naturschutzgebiet beherbergt viele vom Aussterben bedrohte Vogelarten und trägt wesentlich zur Artenvielfalt im Land bei.

Prof. Dr. Jürgen Newig verblüffte die Zuschauer, in dem er die drei bisher unbekannten Inseln im Waldemarschen Erdbuch als „Strand, Heverschop und Eiderstedt“ identifizierte. Bei den Abschriften hatten die ortsunkundigen Schreiber Buchstaben vertauscht.

Nordfrieslands bekanntester Archäologe Dr. Hans Joachim Kühn hatte beeindruckend Bilder vom Schiffsfriedhof Süderoogsand dabei. Die seit etwa 10 Jahren am Westrand des Sandes freikommenden Wracks sind ein eindeutiger und offensichtlicher Beleg dafür, dass die Außensände im Westen ständig an Substanz verlieren und Richtung Osten wandern, wodurch sich die Wattsockel, auf denen die Halligen und Marscheninseln liegen, verkleinern und sich zugleich der Flutraum zu Ungunsten der besiedelten Landreste vergrößert.

Der Leiter der niederländischen archäologischen Denkmalpflege Prof. Dr. Jos Bazelmanns
war eigens nach Nordstrand gereist, um über die Bedeutung der holländischen Windmühlen
zu sprechen. Sie sind der entscheidende Faktor zur Landentwässerung.

Zum zweiten Mal wurden Menschen für ihre Verdienste um die Wattenmeerforschung mit dem „Siegel der Edomsharde“ geehrt. Der Pellwormer Helmut Bahnsen und der Hooger Dr. Hans Joachim Kühn bekamen den Preis für ihr herausragendes Lebenswerk. Beide haben eng zusammengearbeitet, der eine als Heimatforscher und der andere als langjähriger Westküstendezernent des Archäologischen Landesamtes. Die Auftritte von „De Fedeelen Nordstrander“ und Hans-Peter Bögel an den beiden Abenden schufen den kulturellen Rahmen.

Traditionell bildet auch dieses Jahr der erlebnisreiche Besuch im Nationalpark Wattenmeer einen Höhepunkt der Veranstaltung. Mit der Lorenbahn ging es für etwa 50 Teilnehmer zur Hallig Nordstrandischmoor und von dort aus ins Watt zu Kulturspuren der untergegangenen Insel Strand.
Prof. Dr. Guus J. Borger aus Amsterdam konnte den Teilnehmern detaillierte Information
zum Aufbau und Funktion der Sodenzisternen geben, die dort besonders gut zu sehen sind.

Mitorganisator Dr. Dirk Meier, der gerade das Buchprojekt „Der Küstenatlas“ initiierte und damit mit seinen Kollegen Guus Borger und Hans-Joachim Kühn sowie Cornelia Mertens und Robert Brauer ein fundamentales Werk zur Landesarchäologie und Landschaftsgeschichte im Boyens-Buchverlag veröffentlicht hat, unterstrich die Bedeutung der internationalen Wattenmeerkooperation: „Die Niederlande leben mit der Nordsee und sind Experten für alle Fragen rund um das Thema Meer. Wir profitieren von ihren Erfahrungen zur Natur- und Kulturlandschaft der Nordseeküste ebenso wie für den Küstenschutz.“

7. Rungholttage 2014

Die 7. Rungholttage auf Nordstrand wurden spektakulär durch Harro Muuss begonnen. Der Oberfinanzpräsident A.D., gab einen Einblick in die „Rungholtforschung in den 20er Jahren, Andreas Busch & Dr. Pastor Muuss“. Unter den zahlreichen Gästen befanden sich Nachfahren der beiden berühmten Rungholtforscher der ersten Stunde. Beide Forscher überlebten als Soldat den ersten Weltkrieg. Obwohl sie engen Kontakt hatten, gingen beide sehr förmlich miteinander um.

Rudolf Muuss schrieb mit „Runholt Ruinen unter der Friesenhallig“ das Standartwerk der 20er Jahre über das Thema. Aus dem Buch wurde noch Jahrzehnte später abgeschrieben. Er vermutete gemeinsam mit Busch, dass in Enge (Karrhade) bei Leck der Altar von Rungholt heute noch existieren soll. Der Altar soll der Sage nach, die Soholmer Au hinaufgetrieben sein. Der anwesende Albert Panten hatte diese Frage untersucht und konnte aufklären. Der Altar in Enge ist zwar alt, aber eigens für die Kirche angefertigt worden.

Im 2. Vortrag machte sich Prof. Dr. Jürgen Newig auf der Suche nach historischen Tsunamis in der Nordsee. So konnte er 1858 einen Tsunami anhand von alten Aufzeichnungen nachweisen. Ein solches Ereignis bringt 1 bis 3 Wellen mit sich, ohne das es vorher oder hinterher Sturmflut ähnliche Phänomene gibt. Die Wellen waren bis zu 6 m hoch. Er benutzt den Begriff „Seebär“, für sogenannte Meteotsunamis, die durch Luftdruckschwankungen zustande kommen. Spannend wurde es, als er die zweite Mandränke 1634 in einen Zusammenhang mit einem Tsunami brachte. Das erscheint möglich, weil sich das Flutereignis innerhalb kürzester Zeit abspielte.

Am Abend folgte die Wanderung am Deich mit der Schutzstation Wattenmeer. Es gab Fakeln und Geschichten über Rungholt. Die große Gruppe ging an ruhenden Schafen am Deich entlang. Der Sommerabend war traumhaft und bot einen herrlichen Blick über die nächtliche Inselwelt.

An diesem Tag war auch der Verkaufsstart des neuen Buches von Hellmut Bahnsen, Robert Brauer und Cornelia Mertens „Im Meer versunken: Rungholt, die Insel Strand und das geheimnisvolle Abalus“. Es behandelt den aktuellen Forschungsstand der Kulturspuren um Pellworm und Nordstrand aus der Sicht der drei Heimatforscher. Das Buch wurde gleich gut aufgenommen und fand viele Käufer.

Den zweiten Tag eröffnete Dr. Otto Knottnerus mit einem Beitrag über Sturmflutmythen. Er wies auf die Fehler hin, die bei einer langen Zeitspanne in den Überlieferung entstehen. Die Kartographie richtete sich nach den Wünschen desjenigen, der die Arbeit bezahlte. Karten waren ein Politikum. Daten über historische Ereignisse orientieren sich häufig an mythologischen Erwägungen. Die Holländer kennen die 1. Mandränke nicht. Damit bestätigte er eine Aussage der Holländischen Gastredner auf den bisherigen Rungholttagen.

Ein besonderer Moment war die Verleihung des „Siegels von Rungholt“. Dr. Johannes Oelerich, Direktor vom LKN hielt die Laudatio für Dr. Dirk Meier, der seit Jahrzehnten zum Thema geforscht und veröffentlicht hat. Er hat durch seine Forschungsarbeiten wesentliche Grundlagen für die jetzigen Küstenschutzmaßnahmen geschaffen.

Für das Nissenhaus nahm Dr. Haupenthal den diesjährigen Rungholtpreis entgegen. Im Nissenhaus sind die wesentlichen Rungholtfunde ausgestellt. Die Laudatio hielt der Amtsvorsteher des Amtes Nordsee-Treene Ralf Heßmann. Der Leiter des Nissenhauses kündigte an, in zwei Jahren eine große Rungholtausstellung zu machen.

In seinem Beitrag schlug Dr. Dirk Meier einen Bogen von der Sintflut bis zur Groten Mandrenke. Er verwies in das Reich der Mythen, daß Abalus vor Pellworm gelegen habe und daß Helgoland Atlantis gewesen sein könnte.

Am dritten Tag wurde in guter Tradition eine Exkursion zu den Fundstetten gemacht. Diesmal ging es vor die Haustür auf Nordstrand, nach Hersbüll. Robert Brauer konnte einige beeindruckende Funde präsentieren. Ein Stackdeich und die Überreste einer Warft wurden kenntnisreich erläutert. Das Wetter hatte ein Einsehen und es blieb alles trocken.

Anschließend gab es ein gemütliches Beisammensein, bei dem die Exkursion ausgewertet wurde. Veranstalter Ralph Betzgen vom HGV Nordstrand zeigte sich zufrieden: „Die Veranstaltungen waren gut besucht. Alle Experten zum Thema waren auf Nordstrand und haben sich ausgetauscht. Besonders gefreut habe ich mich über den Zuspruch von Politik und Verwaltung für unsere Veranstaltung.“

8. Rungholttage 2015

Freitag
Der erste Tag der Rungholttage stand im Zeichen des Inselmuseums von Nordstrand. Museumsleiter Wolf-Dieter Dey wies darauf hin, dass seit 6.000 Jahren Keramik hergestellt wird. Sie wurde in großen Mengen gebrannt und es gab entsprechend viel keramischen Abfall. Neben der nahezu unbegrenzten Haltbarkeit von gebrannter Keramik ist ihre in der Regel sehr genaue Datierbarkeit für die Archäologie von besonderer Bedeutung. Andere Fundobjekte können so aufgrund der anstehenden Keramik zeitlich recht genau eingeordnet werden.

In ganz Nordfriesland wurden nur 5 Maurische Krüge in Fayencetechnik mit Lüsterdekor gefunden. Sie stellen die einzigen Funde dieser Art im nordeuropäischen Raum dar. Sie wurden vermutlich in Malaga hergestellt. Der Nordstrander Krug weist mit der „Hand der Fatima“ ein altes Symbol des Volksglaubens aus Afrika auf. Sie soll vor dem „bösen Blick“ schützen. Der Islam hat das Symbol übernommen. Sie ist die einzige bildhafte Darstellung, die im Islam zugelassen ist. Ihre fünf Finger symbolisieren die fünf Grundregeln des Islam. Marcus Borowski von der Nordstrander Töpferei erklärte, welche Probleme bei der Erstellung der Replik des Kruges gelöst werden mussten und präsentierte dann die gelungene Arbeit.

Das Inselmuseum war bis 22:00 Uhr von fachkundigem Publikum besucht, nachdem die Auftaktveranstaltung ausverkauft war, wurde der lange Abend des Museums ein Erfolg.

Die Deichträumer aus Bredstedt machten danach aus dem Sitzungssaal der Kurverwaltung einen Konzertsaal. Sie verzauberten das Publikum mit handgemachter Musik von der Küste.

Samstag

Nordstrands bewegte Geschichte wurde am Nachmittag in zwei Vorträgen erläutert. Karl-Ludwig Petersen erzählte das Leben eines Nordstrander Arbeiters nach. In authentischen Bildern spannte er einen Bogen des ganzen 20ten Jahrhunderts. Zunächst war die Landwirtschaft Handarbeit, bis die ersten Dampfmaschinen nach Nordstrand kamen. Bis in die 60er Jahre wurden auf Nordstrand in großem Maßstab Ziegel hergestellt.

Robert Brauer beschäftige sich mit der Bedeichung von Nordstrand nach der Katastrophe von 1634. Erst im 20ten Jahrhundert wurden die letzten Köge errichtet. In der Zeit hatte Nordstrand vier unterschiedliche Häfen, von denen zwei noch betrieben werden.

Am Abend wechselte die Veranstaltung in den Halligblick. Inge Lorenzen sorgte gut gelaunt für musikalische Entspannung, bis zur Verleihung der Rungholtsiegel.

Die Preisträger waren in diesem Jahr Albert Panten, der für seine herausragende Arbeit als Heimatforscher viel für die Aufarbeitung der Geschichte Nordfrieslands im Mittelalter und der frühen Neuzeit getan hat. Laudator war Dr. Jürgen Newig. Karl-Ludwig Petersen wurde geehrt für seine genauen Chroniken über Nordstrand. Sie beinhalten die Historie der Häuser und deren Bewohner. Er erstellt darüber hinaus Stammbäume in Bücherform, z.B. der Nordstrander Familien. Die Laudatio hielt Wolf-Dieter Dey.
Dann hielt Bürgermeister Werner Peter Paulsen die Laudatio auf Robert Brauer. Er hat die Rungholtforschung der letzten Jahrzehnte durch seine Arbeit als Halligwart auf Südfall am Leben gehalten. Er hat die Rungholtgesellschaft gegründet und organisiert seit 8 Jahren die Rungholttage, die sich einen hervorragenden Ruf erarbeitet haben.

Albert Panten hielt dann die Gäste in dem bis zum letzten Platz gefüllten Halligblick in Atem. Kenntnisreich wie kein Zweiter erläuterte er den zuweilen laschen Umgang mit den Quellen, die den überlieferten Kartendarstellungen von Rungholt zugrunde liegen. Der „Catalogus vestustus“ ab 1305 und der „Brunsche Katalog“ sind die Grundlage der Liste aller Kirchspiele. Johannes Meyer und die anderen Kartenmacher und Chronisten des 17. Jahrhunderts benutzten allerdings nicht die Originalquellen, sondern schrieben in der Sekundärliteratur ihrer Zeit ab. Die strotzten so von Schreibfehlern, dass vielfach identische Orte dank unterschiedlicher Schreibweise zu mehreren Orten wurden und deshalb mehrfach in den Karten auftauchen. Darüber hinaus wurde übersehen, dass unter bestehenden Kögen, alte Köge lagen.

Er konnte die erste Fassung der Rungholtsage präsentieren in der es hieß, dass 4 Jungfrauen auf der Kirchmesse beim Strand gewesen seien und deshalb die Flut im Jahr 1.200n. Chr überlebt hätten. Die Sage nannte er ein zusammengeklaubtes Gerücht und mahnte zum sorgfältigen Umgang mit den Quellen. Sonst würde man sich nur an einer Neudichtung der Rungholtsage beteiligen.

Sonntag

Der Exkursionstag lief etwas anders ab, als sonst. Nach der Ankunft auf der Hallig machte zunächst Halligwirt August Glienke eine unterhaltsame Führung. 20 bis 25 mal im Jahr wird die Hallig überflutet, Landunter genannt. Vor wenigen Wochen vernichtete ein ungewöhnlich heftiger Sommersturm die gesamte diesjährige Vogelbrut. Danach wurde der Sturmflutfilm präsentiert. Anschließend saß man gemütlich beim Grillen zusammen.

Der überwiegende Teil der Gäste ging dann mit Robert Brauer zu den Kulturspuren von Rorbek, einer versunkenen Ortschaft der Insel Strand. Zahlreiche Brunnen und der Rest eines Deiches boten sich den staunenden Augen der Besucher dar. Alles befand sich in einem guten Erhaltenszustand. Das Rundfunkteam des NDR hatte jedenfalls zahlreiche Fragen an den langjährigen Halligwart Brauer. Der Vorsitzende des HGV Jürgen Pöthau war zufrieden: „Solche Kulturspuren sehe ich das erste Mal und es hat mich tief beeindruckt. Die Rungholttage waren ein voller Erfolg.“

Am Abend veranstaltete die Schutzstation Wattenmeer die Fakelwanderung. Laurin Oberneder brachte den Mythos Rungholt mit lyrischen Texten zur Geltung. Der schöne Sommerabend tat das seinige, für einen stimmungsvollen Abschied der Rungholttage.

9. Rungholttage 2016

Die 9. Rungholttage 2016 begannen mit einer ausverkauften Veranstaltung in der Kurverwaltung auf Nordstrand. Offiziell eröffnet wurde sie durch den stellvertretenden Bürgermeister Jörg Bahnsen. Nach einem Grußwort vom HGV Vorsitzenden Jürgen Pöthau führte Dr. Uwe Haupenthal vom NordseeMuseum in das Thema Rungholt ein. Er wies auf die Verdienste von Jürgen Newig um die Rungholtforschung hin. Ihm wurde mit einer Schweigeminute gedacht. Er unterstrich, dass die Rungholter Kirche eine Kollegiatskirche war, die aber keinen Kirchturm gehabt hat. Er konnte auch von den Ergebnissen der Datierung Schädelknochen berichten. Sie bestimmen den Schädel auf den Zeitraum von 1230-1280, damit sind die Knochen ein Hinweis auf das Jahr 1362 als Untergangszeitraum.

Manfred-Guido Schmitz und Wolf-Dieter Dey berichteten, dass die Chronik von Heimrich, sowie Liliencron und Möllenhof Grundlage des Rungholtromans von Johannes Dose waren. Dose lässt in diesem Roman den 150 Jahre nach Rungholts Untergang lebenden Piraten Kort Widerich auftreten. Bei einer Auflage von 20.000 Exemplaren vermutet Schmitz, hat Andreas Busch den Roman möglicherweise gekannt. Dose legt sein Rungholt zwischen St. Peter und Pellworm, ziemlich genau da, wo es tatsächlich liegt.

Der Samstag fand in Halligblick statt und startete mit Hans-Kurt Siem, der seine Bodenkarte von Südfall erklärte. Ob die gefundenen Linien im Wattboden Gräben oder Deiche waren, könne er nicht bestimmen, alter Schilftorf lässt sich nicht von neuem unterschieden. Pflugspuren konnte er nicht nachweisen, aber er ist sicher, dass über Generationen hinweg dort Viehwirtschaft betrieben wurde. Den Beweis für die Existenz von Rungholt konnte er nicht liefern aber er bestätigte, dass um Südfall etwas passiert ist, was nicht die Natur gemacht hat.

30 Jahre Nationalpark war das Thema von Anne Segebade. Das Landesamt betreibt 30 Informationseinrichtungen in Nordfriesland, davon 12 Häuser mit dem Zentrum Multimar. 16 hauptamtliche Ranger und 40 Seehundjäger arbeiten für den Nationalpark, neben zahlreichen Ehrenamtlichen und den Partnereinrichtungen. Insgesamt 4.700 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Nationalpark ab. Sie machte den Besuchern klar, dass unser Wattenmeer ohne Nationalpark unter gravierendem Verwertungsdruck durch die Energiewirtschaft geraten wäre und wir es heute nicht wieder erkennen würden.

Anschließend besuchte Uwe Sönnichsen, auf Sylt liebevoll „Mr. Sturmflut“ genannt, extra für den Vortrag von Prof. Dr. Thomas Steensen, die Rungholttage. Von 1952 bis 2015 hielt der Buchautor und Journalist seine berühmten Vorträge.

Die Einwanderung der Friesen nach Nordfriesland begann verstärkt um 700 n. Chr., im Zusammenhang mit dem einzigen einheitlichen Königreich der Friesen um den sagenumwobenen König Redbad. 200 Jahre lang war Nordfriesland nur dünn besiedelt, da die ursprüngliche Bevölkerung abgewandert war. Heute ist das Gemeinsame der Friesen die Vielfalt, welche auch durch die friesischen Sprachen zum Ausdruck kommt. Prof. Dr. Steensen betonte, dass das Wattenmeer untergegangenes Kulturland ist und damit eigentlich zum Weltkulturerbe gehört.

Anschließend wurden Prof. Dr. Thomas Steensen und Wolf-Dieter Dey für ihre Verdienste um die Erforschung und der Erhalt der Kulturspuren mit dem Siegel von Rungholt ausgezeichnet. Erläutert wurden diese durch die Laudatoren Hans-Harro Hansen und Albert Panten.

Albert Panten berichtete am Abend über den Fortgang seiner Arbeit über die Kartierung der Landschaft Strand vor 1362. Der Literaturkritiker Johannes Moller suchte schon 1699 in Kopenhagen vergeblich nach den Quellen der historisierenden Karten von Johannes Mejer. Der hatte nur die Brunsche Liste und den Catalogus vestus als Grundlage für seine Karten. Mejer machte nicht viel Aufhebens um Schreib- und Übertragungsfehler und hatte häufig aus einem Ort zwei gemacht, nur weil sie unterschiedlich geschrieben wurden. Albert Panten arbeitet diese Schreibweisen auf und konnte zahlreiche Orte der Edomsharde identifizieren.

Für die Rungholtforschung von enormer Bedeutung war seine Verortung der Siedlung Vedderingeryp oder Fedderingmann am ehemaligen Norderneukoog bei Pellworm. Grundlage dafür sind Gerichtsakten über einen Deichstreit, denn der Deich ließ sich zweifelsfrei zuordnen. Bisher vermutete man diese Siedlung in der Nähe von Südfall.

Am Sonntag verhinderte ein heftiges Gewitter die Wattwanderung nach Rungholt. Einige Teilnehmer waren vergeblich aus Hamburg angereist. Auch die Deichwanderung der Schutzstation Wattenmeer fiel dem schlechten Wetter zum Opfer.

Der HGV Vorsitzende Jürgen Pöthau war zufrieden und plant schon 2017: „Im nächsten Jahr haben die Rungholttage und die Nordstrander Musiktage gemeinsam 10jähriges Jubiläum, das muß gefeiert werden.“

10. Rungholttage 2017

Das Programm (Stand 09.06.2017, Änderungen vorbehalten):

Freitag, 25.8.2017
16:00 Eröffnung im Gemeindesaal, Schulweg 4, 25845 Nordstrand,
Eingang wie zur Tourist Information, dann zum Basement –
Werner-Peter Paulsen, 1. Bürgermeister, Jürgen Pöthau, Vorsitzender HGV
16:00 10 Jahre Rungholttage (Robert Brauer)
17:00 Rungholt für Gastgeber und Gäste (Wolf-Dieter Dey) (€ 5,00)
Anschließend ist Gelegenheit, sich durch das Inselmuseum führen zu lassen.
nach dem Vortrag: Büchertisch (M.-G. Schmitz und evtl. P. Herschlein)
20:00 Leseraum, Schwimmbad Nordstrand, Am Kurhaus 27a, 25845 Nordstrand:
Schätze aus dem Watt: Ofenkacheln aus dem Pellwormer Wattenmeer –
Vortrag und Buchpräsentation (Peter Herschlein und Sigrid Carow) (€ 5,00)

Samstag, 26.8.2017
10:00 1. Rungholtkonferenz (nicht öffentlich) im Nommensen-Haus, Odenbüll 17, 25845 Nordstrand
16:00 1. Rungholtkonferenz – Pressekonferenz und öffentliche Ergebnispräsentation
mit anschließender Diskussion. (€ 5,00)
ab 18:00 Pause
20:00 Strandcafé Halligblick, Norderhafen 20, 25845 Nordstrand
Preisverleihung „Siegel von Rungholt“ (Eintritt frei)
20:30 Aspekte der Kartierung der Landschaft Strand vor 1362 (Albert Panten) (€ 5,00)

Sonntag, 27.8.2017
10:30 Exkursion nach Pellworm (€ 25,00), Treffpunkt: Hafen Strucklahnungshörn, Nordstrand
10:40 Abfahrt der Fähre
11:10 Bustransfer
11:30 Besuch im Rungholtmuseum, Westerschütting 2 (Hellmut Bahnsen)
13:00 Mittagspause, Essen im Kirchspielskrug „Zur Alten Kirche“ möglich (nicht im Preis inbegriffen)
14:30 Die Geschichte der Alten Kirche (Walter Fohrbeck)
16:00 Besuch im Schifffahrtsmuseum, Alter Hafen, 25849 Pellworm
17:35 Rückfahrt mit der Fähre, Ankuft auf Nordstrand ca. 18:10
20:00 Deichkrone Fuhlehörn, Westen 93, 25845 Nordstrand –
Deichführung mit Mythologie (Schutzstation Wattenmeer) (Spende erbeten)

 

 

 

 

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