13. Rungholttage 2022

17.-19. Juni 2022

Auf Nordstrand wurde an diesem Wochenende an Andreas Busch erinnert. Zu Pfingsten im Jahr 1921 am 16. Mai entdeckte der Nordstrander Landwirt die Kulturspuren von Rungholt. Die im Vorjahr vorgesehene 100-Jahr-Feier wurde nun nachgeholt. 

Freitag, 17. Juni

Wolf-Dieter Dey erinnerte in seinen einleitenden Worten daran, dass die Kurverwaltung von Nordstrand, als sie noch im Schulweg 4, wo man sich sammelte und wo sie untergebracht war, auf dem historischem Deichverlauf des Trendermarschkooges erbaut wurde. Im Namen der Organisatoren begrüßte der 2. Vorsitzende des Heimatvereins, Holger Winkel, die zahlreich anwesenden Ehrengäste. Unter ihnen befanden sich viele direkte Nachkommen von Andreas Busch. Für die Gemeinde Nordstrand bedankte sich die Bürgermeisterin Ruth Hartwig-Kruse bei den vielen Ehrenamtlichen, ohne die solche Veranstaltungen nicht machbar wären. 

Im Anschluss an ihre Worte wurde das neue Schild für das „Andreas Busch Inselmuseum“ angebracht. 13 Enkel und Urenkel von Andreas Busch stellten sich anschließend für ein historisches Familienfoto unter das Namensschild. Insgesamt hat Busch 18 Urenkel.

In dem folgenden Festakt erläuterte Dr. Uwe Haupenthal den Gästen die Museumslandschaft Nordfrieslands. Besondere Bedeutung haben das Emil Nolde Museum und das Nissenhaus (Nordfriesland Museum Husum) in ihrer für Nordfriesland identitätsstiftenden Architektur.  Das Internet wird den Museumsbesuch auch in Zukunft nicht ersetzen können, denn die Geschichte der eigenen Kultur muss mit allen Sinnen individuell erfahren werden. Er regte die Erstellung eines künstlerisch gestalteten Portraits von Andreas Busch an. Bisher gibt es eine Büste in Holz auf Nordstrand im Museum.

Heinrich Bahnsen vom Nordfriesischen Verein erinnerte an den Schutz der friesischen Sprache durch die europäische Sprachencharta. Bürgermeisterin Ute Clausen sagte: „Wir sind stolz auf unseren nordfriesischen Jung.“ Natürlich meinte sie damit Andreas Busch.

Bernd Busch bedankte sich im Namen der Familie. Er erinnerte an die Präsenz seines Uropas in der Familie. Dessen Interesse an dem „Warum“ ist noch immer sehr verbreitet bei den Nachkommen. Er schilderte, wie gerne Andreas Busch mechanische Geräte zerlegte, um zu ergründen, wie sie funktionieren. 

Zum Abschluss wurde Karl-Heinz Ludwigs Visualisierung eines Interviews mit Andreas Busch aus dem Jahr 1966 gezeigt, vorgeführt von Karl-Ludwig Petersen. Nach der Namensgebung für das Inselmuseum wurden alle auswärtigen Gäste zum Mittagessen in das Vereinsheim des Nordstrander Wassersportvereins am Süderhafen eingeladen.

Um 15:00 begann an historischer Stätte, der Kirche zu Odenbüll/Nordstrand, die Jubiläumsveranstaltung „100 + 1 Jahre Rungholtforschung“. Immerhin ein Ort, an dem sich Rungholter Bürger aufgehalten haben. Zum Beginn der Jubiläumsfeierlichkeiten am Freitagnachmittag hatten die Gäste Gelegenheit zu einer Tasse Kaffee, Tee oder einem Kaltgetränk.

Wolf-Dieter Dey erläuterte die von der Archäologischen Gesellschaft Schleswig-Holstein geförderten Wandbilder, die wichtige Stationen aus dem Leben Andreas Buschs illustrierten. Nach der namentlichen Begrüßung der Ehrengäste durch  den 2. Vorsitzender des Heimatvereins, Holger Winkel, buchstabierte Pastor Thorsten Wiese einmal durch das Leben des Gemeindemitglieds Busch, beginnend mit A für „Autodidakt“ und schließend mit Z für „Zeichner“.

Mit akustischen Effekten und seiner berührenden  Stimme erweckte Hans-Peter Bögel das Gedicht „Trutz, Blanke Hans“ von Detlev von Liliencron zum Leben. 

Für den musikalischen Rahmen sorgte Rolf Appelles auf seinem Akkordeon mit Reminisszenzen an Rungholt. 

Für das Archäologisches Landesamt und die Archäologische Gesellschaft sprach Frau Birte Anspach. Sie erinnerte an die großartige Rungholtausstellung im Nissenhaus im Jahr 2015 bis 2016. Die aktuelle Forschungskampagne läuft noch bis 2023 und wird zu einer Aufwertung der Kulturspuren Nordfrieslands führen.

Für die Familie Busch hielt Friedrich Busch eine bewegende Rede. Er zeigte die berühmte Universitätsmedaille im Original und die Zeichnung, die Andreas Busch im Alter von 15 zeichnete und die heute Bestandteil der Geschichtsschreibung ist. Er erinnerte an Dr. Dürr, der Andreas Busch versuchte zu diskreditieren und heute zu Recht als Phantast gilt.

Die Bürgermeisterin Nordstrands, Frau Ruth Hartwig-Kruse, lud kurzerhand das Orgateam zu einem Abendessen ein und kündigte an, dass es mit den Rungholttagen weitergehen wird. Die Bürgermeisterin des Elisabeth-Sophien-Koogs, Ute Clausen hielt es dann kurz, weil der Kreispräsident Manfred Uekermann den Dank des Kreises Nordfriesland überbrachte. Dr. Christoph Schmidt vom Nordfriisk Instituut erinnerte an die Grundlagen der Kulturspuren-Forschung, die Andreas Busch gelegt hat. 

Die Festansprache zum Anlass „100 + 1 Jahre Rungholtforschun“ hielt der Autor seiner Biografie, der Nordstrander Hans-Harro Hansen. Er ließ das Leben von Andreas Busch vor den Anwesenden entlangziehen.

Es folgte die Verleihung der Auszeichnung „Siegel von Rungholt“ durch die Rungholtgesellschaft, die durch Cornelia Kost vertreten wurde. Erste Preisträgerin war die Bürgermeisterin von Nordstrand, Ruth Hartwig-Kruse, Laudator war Manfred-Guido Schmitz, dann folgte Tanja Brümmer M.A., die neu berufene Leiterin des Museumsverbunds Nordfriesland, Laudator war Hans-Harro Hansen, und als Dritter folgte der 2. Vorsitzende der Archäologischen Gesellschaft Schleswig-Holstein, Peter Portalla, Laudatorin war Cornelia Kost. Ute Clausen übergab mit Cornelia Kost die Urkunden und Siegel. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto der Preisträger schloss der 2. Vorsitzende des Heimatvereins, Holger Winkel, nach 2 1/2 Stunden großen Festakt.

Samstag, 18. Juni

Am Samstag begann im Nommensenhaus die 4. Rungholtkonferenz. Ganz traditionell gehörte das erste Wort Albert Panten. Er eröffnete mit dem Vortrag „Rungholter Miszellen“. Er wies auf Matthias Boetius‘ Buch „De Cataclysmo Norstandico“ von 1622 hin, in dem ausführlich die Verlagerung der Kirchspiele in den Jahrhunderten vor ihm beschrieben wird. Diese Verlagerungen waren die Folgen der zahlreichen Sturmfluten und Deichbrüche. Dörfer wanderten von Süden nach Norden im Bereich von Rungholt. Er konnte nachweisen, dass es zwischen dem damaligen Südfall und der Trendermarsch einen mittelalterlichen Deich gab. Die Existenz eines solchen Deiches führt zu einer weiteren Deichlinie an der Hever. 

Dr. Hans Joachim Kühn ging mit seinem Vortrag durch die Jahrhunderte, die sich durch Funde belegen lassen. Frühe Mittelalterfunde gibt es nur einen: im Rungholtgebiet. Das deutet auf eine späte Besiedelung dieses Bereiches hin. Es fanden sich keine Spuren von Salztorfabbau in diesem Bereich. Nur 1/5 des nordfriesischen Watts wurde für Salztorfabbau genutzt. Ursächlich war der Abbau für den Untergang in der 1. Mandränke 1362 sicher nicht. Die häufig im Watt zu findenden Torfgräben und rechteckigen Torfstrukturen dienten nicht der Entwässerung, sondern der Bodenverbesserung. Dafür wurde der in ihnen enthaltene Klei benutzt. Die Gruben wurden mit Moorboden und Pflanzenresten verfüllt. Sie sind von den ersten Siedlern errichtet worden, lange vor den Gräben. Die heutigen Halligen sind keine Reste der mittelalterlichen Siedlungen, sondern sind auf Sturmflutsedimenten von Menschen später errichtet worden.

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Rungholtkonferenz waren zum Mittagessen und zum Nachmittagskaffee eingeladen.

Nach dem Mittagessen berichtete Dr. Bente Sven Majchczack vom Wattenmeerprojekt über die aktuellen Forschungen. Benutzt werden als Methoden Marine Reflexionsseismik, Magnetik, ein Sondenroboter und Bohrungen. Eine Untersuchung mit Metalldetektoren förderte fast ausschließlich unidentifizierbaren Schrott zutage. Die Vermessung des Niedam-Bereiches ermöglichte eine Korrektur der Busch-Karte, mit der Folge, dass jetzt die Fluchten der Gräben zum Siel passen. Obwohl die Schleuse durch einen Priel erodiert wurde, lässt sich in der Seismik der durch das Gewicht des Deiches eingedrückte Boden als Eindellung erkennen ist, der sogenannte „Deichstahl“. Zum ersten Mal wurden Spuren des Deiches von dem Rungholt vorgelagerten Koog gefunden: ein Beweis für die Richtigkeit der Karte von Hans-Kurt Siem-Karte.

Die Konferenz wurde mit  Karl-Heinz Ludwigs Visualisierung des Interviews mit Andreas Busch fortgesetzt. Peter Portalla stellte Prof. Dr. Jürgen Newigs Nachlass vor und Manfred-Guido Schmitz vermutete den Niedergang Rungholts im Zusammenhang mit Petrefakten, nämlich Bohrmuschellöchern im verwendeten Holz an Schleusen und Deichen. 

Sonntag, 19. Juni

Der Sonntag begann mit einem Gewitter, das rechtzeitig zu Ende ging, denn um 8:15 war das Treffen bei Fuhlehörn, um 8:45 ging es zur Kutschfahrt nach Südfall los. Die Strecke ist 7 km lang und die Fahrt dauerte gute 50 Minuten. 

Gunda Erichsen begrüßte die 50 Gäste mit einem Umtrunk und selbstgebackenem Halligbrot und servierte mit Gonne ein kräftiges Frühstück. Zum Frühstück auf der Hallig hatte der Heimatverein alle Mitfahrer eingeladen. 

Hans-Harro Hansen erzählte dann Bedeutendes zu Andreas Buschs Leben. Cornelia Kost zeigte zunächst an der Karte und anschließend auf der Hallig die Lage der historischen und aktuellen Fundstellen. Um 11:00 ging es mit den Kutschen zurück. 

Anschließend führte der amtliche Museumsführer Manfred-Guido Schmitz durch das neu benannte „Andreas Busch Inselmuseum“ und weihte es damit ein. 

Für die kommende 200-Jahr-Feier (2121) sind Maßstäbe gesetzt worden.